Vollzeitmama

Vor etwas mehr als einer Woche habe ich meinem Job, den ich wirklich sehr mag und meinen Kolleg*innen, die ich noch lieber mag, „auf bald“ gesagt. In diesem ganzen Home Office, Home Schooling, Home Kindergarten, Home-was-auch-immer Wahnsinn, drohte einfach alles kaputt zu gehen. Also habe ich mich kurzerhand gegen meine Karriere und für meine Familie entschieden. In der Realität klappt die Kombi aus allem nämlich nicht.

Nachfolgend ein kleiner Auszug:
Hilft man bei den Matheaufgaben, ist man in Gedanken schon beim nächsten Kundencall und mit jeder falschen Lösung pulsiert die Ader im Hals etwas mehr. Sitzt man dann verspätet im Meeting, geht man im Kopf den Kühlschrankinhalt durch, da die Mittagszeit bereits verstrichen und das Magenknurren schon durch verschlossene Türen zu hören ist. Hat man es dann geschafft, etwas warmes, für alle mundendes, Nachmittagsirgendwas auf den Tisch zu bringen, fällt einem das Chaos in sämtlichen Räumen auf. Die Choasqueen sitzt mit am Tisch, hat bunt lackierte Nägel, trägt seit Tagen ein Drachenkostüm und mag seit Wochen die Toilette nicht mehr benutzen. Wieder pulsiert die Ader im Hals, aber es bleibt keine Zeit, denn der Trockner piept, die Spülmaschine blinkt und der nächste Termin wartet. Die Spielregeln während Telkos von Mama und Papa werden noch einmal besprochen und die Kinder zum gemeinsam Spielen in die erste Etage geschickt. Kopfhörer auf und los. Es kracht. Lautes Geschrei dröhnt durch das Haus. Kamera und Lautsprecher aus und hoch. Unfaire Worte verschaffen sich Raum. Statt Trost und Zuneigung, gibt es Vorwürfe und Unverständnis. Das Gefühl des Versagens macht sich breit. Zurück zum Termin. Das Lächeln gekünstelt, die Gedanken erneut woanders. Der Bildschirm wird schwarz, das eigene Spiegelbild sichtbar und dann die Frage „Wie zufrieden sind Sie mit…?“

Vor etwas mehr als einer Woche habe ich meinem eigentlichen Job „auf bald“ gesagt. Zurück bleiben Zweifel und ein anhaltendes schlechtes Gewissen.

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